Besuch bei der Chiemseebahn Mitte der 1980er Jahre


 

Der Dampfzug der Chiemseebahn im Bahnhof Prien

Foto: J. Fricke


Seit 1845 verkehrten die Dampfschiffe des Josef Feßler auf dem Chiemsee mit eher mäßigem wirtschaftlichen Erfolg. Auch nach der Eröffnung der Eisenbahn München-Salzburg mit Halt in Prien kamen nur wenige Ausflügler zum See. Erst der Bau des Schlosses Herrenchiemsee im Auftrag von König Ludwig II ab 1878 brachte der Schifffahrt neue Aufgaben. So musste nun das Baumaterial vom Festland zur Insel geschafft werden. Feßlers Sohn Ludwig, der das Unternehmen 1864 übernommen hatte, konnte so den drohenden Konkurs seines Unternehmens abwenden.

Ludwig II hatte das Schloss Herrenchiemsee im Stil des französischen Königs Ludwig XIV erbauen lassen. Nach dem Tod Ludwigs im Jahr 1886 gab Prinzregent Luitpold den fertiggestellten Teil des Schlosses zur allgemeinen Besichtigung frei. Nun setzte ein florierender Ausflugsverkehr ein, der der Schifffahrt ungeahnte Einnahmen bescherte.

Ein großes Problem war jedoch, dass der Schiffsanleger ca. 1,9 km vom Bahnhof Prien entfernt lag. Um die Scharen der Schaulustigen vom Bahnhof zum Schiff zu befördern richtete Feßler eine Pferdebuslinie ein. Da auch diese nicht ausreichte, übernahmen zusätzlich Bürger von Prien die Beförderung mit Kutschen und Pferdewagen um sich etwas dazu zu verdienen. Dabei kam es sogar zu Unfällen.

Um diese unhaltbaren Zustände zu beseitigen, beauftragte Ludwig Feßler (1846-1910) im Jahr 1886 die Firma Krauss & Comp. in München mit Planung und Bau einer Dampftrambahn vom Bahnhof Prien zum Schiffsanleger im Priener Ortsteil Stock. Schon am 9. Juli 1887 konnte die Strecke feierlich eröffnet werden. Die Dampflokomotive lieferte ebenfalls die Fa. Krauss und die 9 Personenwagen (inklusive eines Salonwagens) kamen von der  Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN).

Mit Ausnahme einer Verlegung des Bahnhofs Prien im Jahr 1909 wurde der Betrieb seitdem fast unverändert durchgeführt, jedoch ruhte der Betrieb zwischen 1944 und 1949 als Folge des 2. Weltkriegs. 1963 ergänzte die Familie Feßler das Angebot durch eine Buslinie, die im Gegensatz zur Bahn auch im Winter verkehrte. Der Salonwagen "1" wurde 1975 an das Fahrzeugmuseum Marxzell bei Karlsruhe abgegeben, konnte jedoch 1993 zurückgekauft werden und ist seit 1995 wieder in Betrieb. Seit 1982 ergänzte eine Diesellokomotive den Fahrzeugpark um bei Ausfall der Dampflok ein Ersatzfahrzeug zu haben. Sie erhielt einen dampflokähnlichen Aufbau, wurde jedoch 2016 wieder optisch als Diesellok "gestaltet". Von zwei Güterwagen aus der Eröffnungszeit ist heute nur noch ein Fahrzeug erhalten.

Mitte der 1980er Jahre besuchte der Autor diese Bahn, wobei die folgenden Aufnahmen entstanden. Nähere Angaben zum heutigen Betrieb finden Sie auf der Homepage der Bahn.

https://www.chiemsee-schifffahrt.de/de/chiemsee-bahn/chiemsee-bahn


 

Die Dampflok (Krauss 1887/1813) nimmt Wasser im Bahnhof Prien-Stock.

Foto: J. Fricke

Die Diesellok (KHD 1962/57499 ex. Halbergerhütte) war von der Inbetriebnahme bis 2016 mit einem dampflokähnlichem Aufbau versehen.

Foto: J. Fricke

Der offene Wagen 2 entstand wie alle Wagen 1887/88 bei der MAN

Foto: J. Fricke

Der Wagen 4 ist ein offener Sommerwagen.

Foto: J. Fricke

Wagen 9 verfügt über je ein Abteil der 1. und der 2. Klasse sowie über einen Gepäckraum.

Foto: J. Fricke


Quelle:

Hehl: Die Chiemseebahn, Freiburg 1987


 

© Joachim Fricke 2019