Der Denkmalszug im ehemaligen Bahnhof Geyer (Erzgeb.)


 

Die Dampflok 99 534 führt den Denkmalszug an

Aufnahmen: Joachim Fricke (2006)

Der 1381 erstmals urkundlich erwähnte Ort Geyer ist heute eine Stadt im Erzgebirgskreis mit rund 4000 Einwohnern. Bereits Jahrzehnte vor der Erwähnung wurde mit dem Bergbau  auf Zinn begonnen. 

Am 1. Dezember 1888 eröffneten die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen eine 9 km lange Schmalspurbahn vom Bahnhof Schönfeld nach Geyer. Die Strecke war in der landesüblichen Spurweite von 750 mm ausgeführt und diente neben dem Berufs- und Ausflugsverkehr dem Güterverkehr der Textil- und Papierindustrie. Als Endpunkt erhielt die Bahnhofsanlage neben Empfangsgebäude und Güterschuppen auch einen zweiständigen Lokschuppen mit Wasserstation für die Versorgung der Lokomotiven.

Schon 1898 wurde die Verlängerung der Strecke über Ehrenfriedersdorf nach Thum beschlossen. Die Bauarbeiten begannen 1904, wobei auch der Lokschuppen in Geyer um einen Stand erweitert wurde. Die Streckeneröffnung erfolgte am 1. Mai 1906. In Thum bestand Anschluss an die Schmalspurbahn Wilischthal - Thum. Thum entwickelte sich in den folgenden Jahren zum Mittelpunkt des sogenannten "Thumer Netzes".

Aufgrund des schlechten Oberbauzustands und wirtschaftlichen Überlegungen erfolgte die Betriebseinstellung der Strecke am 15. August 1967 feierlich mit einem Sonderzug. Bis Mitte der 1970er Jahre wurden die Gleisanlagen abgebaut, das Empfangsgebäude mit Güterschuppen stand bis 2016.


Der Autor dieses Beitrags besuchte den ehemaligen Bahnhof im August 2006. Zu diesem Zeitpunkt existierte das Empfangsgebäude mit angebautem Güterschuppen noch. 

Bis heute erhalten ist der Lokschuppen des Bahnhofs Geyer.

Zur Erinnerung an die stillgelegte Bahnlinie wurde in den 1970er Jahren ein Denkmalszug aufgestellt, der im Eigentum der Stadt Geyer steht und von einem örtlichen Eisenbahnverein gepflegt wird. Im Folgenden werden die ausgestellten Fahrzeuge beschrieben.

Dampflok 99 534

Die ursprüngliche Dampflok 99 534 entstand 1898 bei der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann in Chemnitz unter der Fabriknummer 2275. Die in der Bauart Meyer (benannt nach dem Erfinder dieser Gelenkloktype, dem Elsässer Jean Jaques Meyer) konstruierte Maschine gehörte der sächsischen Gattung IV K an und erhielt die Betriebsnummer 127. Baugleiche Lokomotiven kamen auf den Strecken des Thumer Netzes bis in die 1920er Jahre zum Einsatz, dann wurden sie durch leistungsfähigere Maschinen ersetzt. Die "127" war jedoch, mit einer kurzen Unterbrechung, von ihrer Auslieferung bis 1968 in Mügeln stationiert. Nach Einführung des neuen Nummernsystems der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft im Jahr 1925 lief sie unter der heute angeschriebenen Bezeichnung 99 534. Aufgrund starken Verschleißes erfolgte 1967 im Reichsbahnausbesserungswerk Görlitz ein Neuaufbau (Großteileerneuerung) der Lok, bei dem nur wenige Teile der alten Maschine wiederverwendet wurden. Von 1968 bis zu ihrer Ausmusterung im Jahr 1975 war sie noch in den Lokeinsatzstellen Kirchberg und Schönheide der Schmalspurbahn Wilkau-Haßlau–Carlsfeld stationiert. Am 17.05.1976 erfolgte die Aufstellung auf dem Bahnhofsgelände in Geyer.

Personenwagen KB4i 970-383

Der Personenwagen der Gattung KB4i entstand 1913 bei der Fa. Busch in Bautzen und wurde als Wagen 454K bei der Sächsischen Staatsbahn in Dienst gestellt. Die ursprüngliche Holzverkleidung wurde um 1920 durch Bleche ersetzt. Bei der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft erhielt er die Betriebsnummer K381 (heute falsche Bezeichnung angeschrieben). Bis zu seiner Ausmusterung im Jahr 1971 kam er dann unter der Bezeichnung 970-383 der Deutschen Reichsbahn in der DDR zum Einsatz. Zusammen mit dem Gepäckwagen erfolgte die Überführung nach Geyer im Juni 1971 auf der seinerzeit noch nicht abgebauten aber stillgelegten Strecke von Thum aus.

Zugführerwagen KPw 97-30-04

Der zweiachsige Zugführerwagen entstand 1899 und wurde unter der Bezeichnung K446 von der Königlich Sächsischen Staatseisenbahn in Dienst gestellt. Bei der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft erhielt er in den 1920er Jahren die Bezeichnung K2045. Die Deutsche Reichsbahn der DDR bezeichnete ihn als 97-30-04. Er wurde gemeinsam mit dem Personenwagen auf den noch liegenden Gleisen von Thum nach Geyer überführt. Spitzname dieser Wagentype, die auch zur Gepäckbeförderung genutzt wurden, war "Rucksäcke".


Quellen:

Fischer / Hoyer / Marks / Schulz: Die Wagen der sächsischen Schmalspurbahnen Band 1, Zittau 2012

Lohse / Bäzold: Das Thumer Schmalspurnetz, aus "Der Modelleisenbahner" 12.1975

Preuß / Preuß: Schmalspurbahnen in Sachsen, Berlin (Ost) 1983

Wagner / Scheffler: Die sächsische IV K, Radebeul 1991

Informationstafel am Bahnhof Geyer

www.wikipedia.de


 

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