Die Sonntagsrückfahrkarte wurde erstmals 1896 in Preußen eingeführt. Da an Sonn- und Feiertagen die Personenzüge nur schwach ausgelastet waren, wollte die Königlich Preußische Eisenbahn Verwaltung (K.P.E.V.) mit diesen preislich ermäßigten Fahrkarten eine Steigerung der Fahrgastzahlen erreichen. Beliebt war die Sonntagsrückfahrkarte vor allen Dingen bei Arbeiterfamilien, die das günstige Angebot nutzten um am Sonntag einen Ausflug aus der Stadt in die Natur zu unternehmen. Im Volksmund erhielten sie daher bald auch den Namen "Wanderkarten". So profitierte nicht nur die Eisenbahn von diesem Angebot, sondern auch unzählige Ausflugslokale und Sehenswürdigkeiten. Bis zur Einführung eines einheitlichen Personen- und Gepäcktarifs der deutschen Länderbahnen am 1. Mai 1907 hatte außer Preußen nur die Großherzogliche Staatseisenbahn in Mecklenburg-Schwerin diese Idee aufgegriffen. Während des ersten Weltkriegs wurde die Ausgabe der Sonntagsrückfahrkarten dann eingestellt und erst die am 1. April 1920 gegründete Deutsche Reichsbahn griff diese Idee ein Jahr später wieder auf. |
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Sammlung: J. Fricke | |||||||||||||||||||||||||
Ab 1921 erhielten dann die Reisenden die Sonntagsrückfahrkarte wieder, deren Preis ein Drittel unter dem Normaltarif lag. Nachdem sich der Geltungsbereich anfangs nur auf einen Radius von 60 km um eine Großstadt beschränkte, wurde dieser in den folgenden Jahren ständig erweitert. So weist das Verzeichnis der Sonntagsrückfahrkarten von Berlin im Jahr 1938 fast 250 mögliche Zielbahnhöfe auf. Um auch den Arbeitern und Angestellten die am Sonntag berufstätig waren die Vorteile der Sonntagsrückfahrkarte zu bieten, war diese seit 1930 auch Mittwochs erhältlich. Sie galt von Mittwoch 12 Uhr bis Donnerstag 3 Uhr. Ab dem 4. Oktober 1936 wurde die Geltungsdauer nochmals erweitert. Die Karten galten nun an den Wochenenden von Samstag 12 Uhr bis Montag 12 Uhr. Auch die Benutzung der zuschlagpflichtigen Eil-, Schnell-, FD- und FFD-Züge war möglich. Allerdings musste der entsprechende Zuschlag gezahlt werden. Jede Reichsbahndirektion gab eigene Verzeichnisse der Sonntagsrückfahrkarten heraus. Sie enthielten die Start- und Zielbahnhöfe sowie die entsprechenden Preise. Auch Wanderkarten ließen die Direktionen drucken um den Nutzern der Sonntagsrückfahrkarten die Planung eines Wochenendausflugs zu erleichtern.
Wieder einmal beendete ein Weltkrieg diese Entwicklung und erst nach dem Krieg wurden bei den deutschen Eisenbahnen wieder Sonntagsrückfahrkarten ausgegeben. Mit der Einführung der 5-Tage-Woche in den 1960er Jahren wurde der Samstag vollständig in die Geltungsdauer der Karten einbezogen. Die Motorisierung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland führte zu einer Abwanderung der Reisenden von der Eisenbahn, so dass von dem Angebot in den 1980er Jahren nur noch Ausflugskarten für einige ganz bestimmte Verbindungen übrig blieben, die bald ganz aus dem Angebot gestrichen wurden. In der ehemaligen DDR hatte die Motorisierung nicht in diesem Umfang eingesetzt. Die Bahn war hier weiterhin das wichtigste Verkehrsmittel. Erst Anfang der 1990er Jahre wurde auch hier die Sonntagsrückfahrkarte abgeschafft. Charakteristisch für die Sonntagsrückfahrkarte war der blaue Mittelstreifen, der sich über die gesamte Zeit, die diese Karte ausgegeben wurde, hielt.
Im Jahr 1995 führte die Deutsche Bahn AG das "Schöne Wochenendticket" ein, dass der Tradition der Sonntagsrückfahrkarten folgt, jedoch nicht mehr an die frühere Beliebtheit dieser anknüpfen kann. Sammlung: J. Fricke |
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Quellen: Gottwald: Sonntag-Rückfahrkarte, aus "Eisenbahn Edition" Hundert Jahre deutsche Eisenbahnen, Berlin 1938 Sommerer: Schönes Wochenende, aus "der Fahrgast" 2/2002 Thielmann / Lohr: Die Fahrkarte, aus "Modelleisenbahner" 10/1985 |
© Joachim Fricke 2005 / 2016