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Die Geschichte der Feuerwachen der Stadt Goslar reicht zurück bis in das Jahr 1519. In diesem Jahr ließ der Rat die durch einen Großbrand vernichteten Gebäude des sogenannten Marstalls in der Goslarer Innenstadt wieder aufbauen und stationierte dort auch in größerem Umfang Löschgeräte. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der städtische Marstall im Jahr 1395. Die Gebäude dienten seinerzeit als Wirtschafts- und Bauhof der Stadt und beherbergten die städtischen Zugtiere, Wagen und Kutschen. Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Gebäude des Marstalls baufällig geworden und der Rat ließ sie daraufhin im Jahr 1827 teilweise abtragen. Auf dem freigewordenen Gelände entstand dann 1847 ein Spritzenhaus, dass von nun an die städtischen Handdruckspritzen und Löschgeräte beherbergte. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts waren im Brandfall alle männlichen Bürger der Stadt Goslar zum Dienst im Brandfall verpflichtet. Dabei wurden die Verantwortung über die vorhandenen Spritzen den einzelnen Berufsgruppen zugeordnet.
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Foto: J. Fricke (2006) | |||||||||
Im Januar 1855 gründeten 20 Mitglieder des Männer-Turn-Vereins die sogenannte Turner-Rettungsschar. Diese übernahm eine eigene Spritze und erhielt im Jahr 1861 eine zweite. Als weitere Gruppierung wurde im Jahr 1870 die Freiwillige Feuerwehr gegründet, welche ebenfalls eine eigene Spritze erhielt. Da der Magistrat von Goslar die bisherige Verpflichtung der Bürger zum Feuerlöschdienst nun als überflüssig ansah, übernahmen die beiden freiwilligen Feuerwehren im Jahr 1898 allein diese Aufgaben. Bei einer gemeinsamen Sitzung der beiden Feuerwehren im Jahre 1908 wird erstmals über den Bau eines Schlauch- und Steigerturms auf dem Marstallgelände gesprochen. Ein solcher Turm diente einerseits dem Trocknen der Feuerwehrschläuche und andererseits Rettungsübungen mit Leitern. Nach Besichtigungen der Schlauch- und Steigertürme in Göttingen und Braunschweig legte der Stadtbaumeister Wolckenhaar im November 1910 die Pläne für eine Erweiterung des Spritzenhauses und Anbau eines Schlauch- und Steigerturms vor. Der 16,5m hohe Turm, sollte das problemlose Trocknen von bis zu 12m langen Schläuchen garantieren und die auf jeder Seite vorhandenen 6 Fensteröffnungen ermöglichten Steigübungen mit Leitern. Trotz der fertiggestellten Entwürfe von Wolckenhaar, wurden aber auch noch zusätzliche Angebote für eiserne Steigertürme eingeholt. Im Februar 1911 beschloss der Magistrat dann aber endgültig den Bau nach den Plänen des Stadtbaumeisters auszuführen. Nur ein Jahr später war der Bau dann vollendet. Ausschnitte aus der Bauzeichnung der Erweiterungsbauten von 1910. Oben: Ansicht von der Marstallstraße (von Westen) Unten: Ansicht vom Innenhof (Osten) Am Ende des 1. Weltkriegs hatte die Freiwillige Feuerwehr 7 und die Turner-Feuerwehr 10 Gefallene zu beklagen. Ihnen zum Gedenken wurde am Fuß des Turmes am 21. August 1921 eine Gedenktafel enthüllt. Die folgenden Jahre waren geprägt durch immer wieder neue Vorschläge zur Erweiterung und Verbesserung der bestehenden Feuerwache, die jedoch nicht zur Ausführung kamen und 1931 mit dem Hinweis auf die schlechte wirtschaftliche Lage einstweilen zurückgestellt wurden. Wenn sich auch keine nennenswerten baulichen Veränderungen ergaben, so gab es 1934 doch eine entscheidende organisatorische. Am 28. Januar 1934 erfolgte die Vereinigung der Freiwilligen Feuerwehr mit der Turner-Feuerwehr. Auslöser war das "Gesetz über das Feuerlöschwesen in Preußen" (Feuerlöschgesetz - FLG) vom 15. Dezember 1933, dass nur noch eine Feuerwehr im Ort zuließ und diese der örtlichen Polizei unterstellte. Für die Aufnahme in die Feuerwehr war jetzt ein polizeiliches Führungszeugnis erforderlich. Weder während noch nach dem 2. Weltkrieg kam es zu größeren baulichen Veränderungen der Feuerwache Marstall. Erst Ende der 1970er Jahre gab es Überlegungen den bisherigen Standort Marstall ganz aufzugeben. Die beengten Räumlichkeiten und der Zustand der Gebäude behinderten die Einsätze der Feuerwehr mit modernen Löschfahrzeugen zunehmend.
Nach langen Verhandlungen zwischen der Freiwilligen Feuerwehr und der Stadt Goslar begannen 1983 die Umbauarbeiten des ehemaligen Betriebshofs der Stadtwerke an der Okerstraße zur neuen Feuerwache. Noch während der laufenden Baumaßnahmen an der neuen Feuerwache Okerstraße beschloss die Freiwillige Feuerwehr im Herbst 1984 den historischen Schlauch- und Steigerturm der alten Feuerwache zu demontieren und an der neuen Feuerwache Okerstraße wieder zu errichten.
Der Umzug der Freiwilligen Feuerwehr und damit die Inbetriebnahme der neuen Feuerwache Okerstraße erfolgte am 21. Februar 1985. Der denkmalgeschützte Schlauch- und Steigerturm aus dem Jahr 1912 ist das Wahrzeichen der heute 150jährigen Freiwilligen Feuerwehr Goslar. |
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Quellen: Vom Marstall zur Okerstrasse, Goslar 1985 Was wir waren - wer wir sind, Goslar 2005 |
© Joachim Fricke 2006 / 2016