Schinkelsche Chausseehäuser in Brandenburg

 

 

Chausseehaus nach dem Entwurf von Schinkel in Schiffmühle (Bad Freienwalde) aus dem Jahr 1834.

Foto: Joachim Fricke (2015)

Im Zuge des beginnenden Industriezeitalters Ende des 19. Jahrhunderts, wurden moderne Verkehrswege unerlässlich. Preußen ließ daher schon ab 1788 die erste befestigte Chaussee von Magdeburg über Halle nach Leipzig anlegen. Zwischen 1789 und 1795 entstand die Chaussee von Potsdam nach Berlin, die heute Teil der Bundesstraße 1 ist. In den folgenden Jahren wurde ein dichtes Netz staatlicher Straßen in Preußen angelegt.

Typisch für diese Chausseen (seinerzeit als Kunststraßen bezeichnet) war die gewölbte und mit Steinen gepflasterte Fahrbahn, ein seitlicher unbefestigter Sommerweg (zum Ausweichen), Entwässerungsgräben und meist Bäume zum Schutz vor der Sonne.

Nur noch wenige Nebenstraßen zeigen heute den Aufbau der früheren Chausseen. Bei diesem Beispiel aus Sachsen-Anhalt ist der Sommerweg rechts nur noch rudimentär erhalten. Die Baumreihen fehlen gänzlich.

Foto: J. Fricke (2014)

Für den Neubau und Erhalt der Chausseen wurde ein Chausseegeld erhoben. Für die Chausseegeld-Einnehmer und die Chausseewärter, die für den Erhalt eines bestimmten Abschnitts zuständig waren, errichtete man nun eigene Gebäude, und rüstete sie mit einem Schlagbaum aus. Dieser wurde erst geöffnet, wenn das Chausseegeld bezahlt war. 

Historische Darstellung eines Chausseehauses mit Schlagbaum von 1834.

Nachdem es anfangs keine festgelegte Bauform für die Chausseehäuser gab, wurde die Ausstattung ab 1814 durch die "Anweisung zur Anlegung, Unterhaltung und Instandsetzung der Kunststraßen" geregelt:

Die Wohnung für die Wegbeamten und Wärter nötigen Gebäude müssen massiv und einen wenn gleich einfachen Stil erbaut werden. Das Einnehmerhaus mit dem Schlagbaum muss an einer solchen Stelle angelegt werden, wo die Straßenabgabe am wenigsten umfahren werden kann. In dem Einnehmerhaus wird zugleich ein Wegewärter untergebracht, um der Kasse Sicherheit zu verschaffen. Dieser Wärter erhält dem Einnehmerhaus zunächst liegenden Teil der Kunststraße zur Bearbeitung. Hierzu gehört noch zur Aufbewahrung des Holzes und Unterbringung des Viehs ein besonderes Stallgebäude. Zwei Wegewärter erhalten an der Kunststraße jedes Mal ein gemeinschaftliches auf der Grenze ihrer Abteilung gelegenes Wohnhaus, doch müssen die Wohnungen so verteilt werden, dass der Distrikt eines Wegewärters bei Steinstraßen höchstens 1000 Ruten, das ist eine halbe Meile, bei Kiesstraßen aber 500 Ruten lang wird. Bei jedem Wohnhaus ist die Anlage eines Brunnens notwendig.

In der Neufassung dieser Anweisung von 1834 wird noch ein besonderer Keller und ein Abtritt im Nebengebäude vorgesehen. Diese Fassung enthält dann auch erstmals Zeichnungen von Karl Friedrich Schinkel, die das Chausseehaus von Schiffmühle (bei Bad Freienwalde) darstellen.

Karl Friedrich Schinkel (1781 - 1841)

Der in am 13. März 1781 in Neuruppin geborene Karl Friedrich Schinkel beendete seine Schulzeit am Gymnasium in Berlin 1798 und trat im gleichen Jahr in die Bauschule von Vater und Sohn Gilly ein. Im Folgejahr studierte er zusätzlich an der Berliner Bauakademie Architektur. Zwischen 1803 und 1810 unternahm er Bildungsreisen und beschäftigte sich mit der Malerei. 1810 erhielt er auf Empfehlung von Wilhelm von Humboldt eine Anstellung bei der Berliner Oberbaudeputation, 1815 wurde er zum Geheimen Baurat ernannt und entwarf eine Reihe von bedeutenden Staatsbauten. Auch für den Denkmalschutz engagierte es sich.  Weitere Studienreisen dienten ihm zu Anregung. 1838 wurde Schinkel zum Oberlandesbaudirektor ernannt. Er war somit der Architekt des Königs. 1840 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand und er erlitt mehrere Schlaganfälle. Am 9. Oktober 1841 verstarb Schinkel in Berlin, wo er auch bestattet wurde.

Am 1. Januar 1875 wurde das Chausseegeld auf den preußischen Staatsstraßen aufgehoben und in den folgenden Jahren auch auf den Kreisstraßen. Dadurch verloren Einnehmer und Wärter ihre Arbeit und Wohnung, was zu großen sozialen Problemen führte. Die Verwaltung der Straßen ging nun auf die Provinzen über, die sie dann zentral unterhielten (Straßenmeistereien). Die Chausseehäuser wurden meist einer anderen Nutzung zugeführt. Einige wurden von Forstverwaltungen, der Polizei oder als Wohnhäuser weitergenutzt. Bei Straßenverbreiterungen standen sie häufig im Weg und wurden abgerissen, so dass heute nur noch wenige, meist sehr veränderte, erhalten sind.

Auch das Chausseehaus an der Bundesstraße 1 nahe Müncheberg entstand nach dem Schinkel-Entwurf von 1834. Die Aufnahme aus den 1990er Jahren zeigt das Haus noch im weitgehend originalen Zustand. Die derzeitigen Besitzer haben das Haus mittlerweile mit den "Errungenschaften" der Baumärkte sehr negativ verändert.

Aufnahme: J. Fricke (ca. 1995)


Quellen:

Chausseen - Alleen - Meilensteine - Chausseehäuser, Hoppegarten 2008

Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR - Bezirk Frankfurt/Oder, Berlin (Ost) 1980


© Joachim Fricke 2015