Schon lange vor dem Siegeszug des Automobils entwickelte sich eine bedeutende Erdölindustrie. Erdöl diente der Herstellung von Schmierstoffen und vor allen Dingen der Produktion von Petroleum, dessen Bedeutung als Lampenöl im 19. Jahrhundert rapide anwuchs. Ausgehend von Titusville im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania, wo 1859 eine große Erdöllagerstätte entdeckt wurde, entstanden in den folgenden Jahren über 1000 Ölgesellschaften in den USA. Die daraus resultierende Überproduktion ließ den Preis für Erdöl bald fallen. Als Folge davon gingen viele der neugegründeten Gesellschaften in Konkurs. Gewinner dieses Konkurrenzkampfes war John D. Rockefeller, dessen 1870 gegründete "Standard Oil Company" nicht Erdöl förderte, sondern es verarbeitete und die fertigen Produkte vertrieb. Da die von der Standard Oil Company verarbeitete Ölmenge schon bald den Bedarf der USA weit überstieg, suchte das Unternehmen neue Absatzmärkte in der Welt. So entstand 1890 in Hamburg eine Tochtergesellschaft, die Deutsch-Amerikanische-Petroleumgesellschaft (DAPG), die später ihren Namen in ESSO änderte. |
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Im Jahr 1867 hatte der Maschinenbauer Nikolaus August Otto (1832-1891) einen Gasmotor entwickelt, den er in den folgenden Jahren weiter verbesserte. Zwei ehemalige Mitarbeiter von Otto, Gottlieb Wilhelm Daimler (1834-1900) und Wilhelm Maybach (1846-1929) gründeten 1880 in Cannstatt (heute zu Stuttgart gehörend) die Daimler-Motoren-Gesellschaft. Hier entwickelten Sie einen mit Benzin betriebenen Einzylindermotor, den Daimler dann 1886 in eine Kutsche einbaute. Damit war das Automobil geboren, das im 20. Jahrhundert seinen Siegeszug antreten sollte. Die erste Verwendung fand Benzin allerdings nicht als Kraftstoff, sondern als Reinigungsmittel in Wäschereien und Druckereien. Als Abfallprodukt fiel es bei der Verarbeitung von Erdöl zu Petroleum an. Die seinerzeit benötigten Mengen waren sehr gering. Die wenigen Automobile, die um die Jahrhundertwende auf den deutschen Straßen unterwegs waren, deckten ihren Benzinbedarf in Apotheken, Drogerien und Kolonialwarenläden. |
John D. Rockefeller (1839-1937) John Davison Rockefeller wurde am 8. Juli 1839 in Richford (New York) geboren. Im Alter von 16 Jahren absolvierte er eine Ausbildung zum Buchhalter. Gemeinsam mit Samuel Andrews, dem Erfinder eines Verarbeitungsverfahrens für Erdöl, gründete er 1862 eine eigene Firma. Aus diesen Anfängen entstand 1870 die Standard Oil Company of Ohio, die sich ausschließlich auf die Raffination von Rohöl spezialisierte. Bis 1878 gelang es Rockefeller die Monopolstellung auf diesem Sektor zu erhalten. 1899 gründete er die Standard Oil Company of New Jersey, deren Präsident er bis 1911 war. Rockefeller galt zu seiner Zeit als der reichste Mann der Welt. Von seinem Privatvermögen spendete er über die Hälfte für soziale Zwecke. Er starb am 23. Mai 1937 in Ormond Beach (Florida). |
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Anfang des 20. Jahrhunderts stieg die Anzahl der Kraftfahrzeuge und damit auch der Bedarf an Kraftstoffen stark an. 1902 nahmen die Benzinwerke Rhenania GmbH als erste deutsche Mineralölgesellschaft eine Raffinerie in Düsseldorf in Betrieb. Hier erfolgte die Verarbeitung von Rohöl (Erdöl) zu den verschiedensten Produkten vom Benzin über Petroleum bis zu den Schmierstoffen. Weitere Unternehmen drängten in den folgenden Jahren auf den Markt und vertrieben ihre Produkte bis Mitte der 1920er Jahre in Blechkanistern oder aus Fässern mit Fasspumpen. Hierzu richteten sie so genannte Benzinstationen ein, die Vorläufer der späteren Tankstellen. Während in den USA schon Anfang des 20. Jahrhunderts Tankstellen eingerichtet wurden, entstand die erste deutsche Tankstelle erst 1923 in Hamburg. Die der DAPG gehörende "Straßenzapfstelle" verfügte über einen 1200 Liter Tank und eine Kolbenpumpe mit Kurbelvorrichtung. Die erste "Groß-Tankstelle" eröffnete ebenfalls die DAPG am 11. August 1927 in der Hamburg. Sie vereinte mehrere Zapfsäulen für verschiedene Kraftstoffsorten unter einem Dach und ist mit den heutigen Tankstellen vergleichbar. Amerikanische Tankstelle auf dem Gemälde "Gas" von Edward Hopper (1882-1967) Die Belieferung der Straßenzapfstellen und Groß-Tankstellen erfolgte dabei mittels Straßentankwagen von zentralen Tanklagern aus. In der Anfangszeit wurden diese Straßentankwagen noch von Pferden gezogen. Die Versorgung der Tanklager mit den Kraftstoffen übernahm meistens die Eisenbahn. Verfügten diese Lager nicht über einen Gleisanschluss, wurden die Kesselwagen mit einem so genannten Culemeyer-Straßenroller befördert. Abtanken eines Kesselwagens aus dem Prospekt "Die Eisenbahn ins Haus" der Deutschen Reichsbahn Das boomende Geschäft mit den Kraftstoffen führte dazu, dass jede Ölgesellschaft bestrebt war ihre Produkte an möglichst vielen Stellen anzubieten. So stieg die Anzahl der Zapfsäulen von 940 Stück im Jahr 1925 auf ca. 50000 in 1930. Etwa zur gleichen Zeit begannen die Ölgesellschaften Straßenkarten und Stadtpläne herauszugeben, um die Kunden über die Standorte ihrer Zapf- bzw. Tankstellen zu informieren. So veröffentlichte die DAPG (Markennahme: Standard bzw. Esso) Mitte der 1930er Jahre eine Serie von 30 so genannten Luftbildkarten im Maßstab 1:250.000 für Deutschland. Ähnliche Kartenwerke erschienen auch bei den anderen großen Ölgesellschaften wie der Westdeutschen Benzol-Verkaufs-Vereinigung GmbH (Markennahme: B.V. bzw. Aral), der Deutschen Benzin und Petroleum Gesellschaft mbH (Markennahme: Olex bzw. BP) und den Rhenania-Ossag Mineralölwerken AG (Markennahme: Shell). Herausgeber eines Straßenatlasses war die Deutsche Gasolin Aktiengesellschaft (Markennahme: Leuna). |
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Besonders schön gestaltete Stadtpläne wurden von den Rhenania-Ossag Mineralölwerken AG (Markenname: Shell) vertrieben. Neben einer detaillierten Karte - in der natürlich alle Shell-Zapfstellen eingezeichnet waren - beinhalteten sie auch eine ausführliche Beschreibung der Geschichte und Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Stadt. |
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Außer den genannten Stadt- und Straßenkarten der Ölgesellschaften standen dem Autofahrer in den 1930er Jahren weitere Kartenwerke zur Verfügung. Genannt seien die amtlichen Karten, die Pharus-Stadtpläne, die Straßenkarten des Reifenherstellers Continental sowie die der deutschen Automobilclubs. |
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Information zur Darstellung des Hakenkreuzes
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Quellen: Kleinmanns: Super, voll - Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle, Marburg 2002 Stuhlemmer: Vom Faß zur Tankstelle, aus "Die Reise nach Berlin", Berlin 1987 Wille: Sternstunden der Technik, Leipzig 1987 100 Jahre ESSO, Hamburg 1997 |
© Joachim Fricke 2005 / 2015