Verwaltungs- und Wohngebäude der Schachtanlage Alleringersleben. Foto: J. Fricke (2006) Der Chemiker Justus von Liebig (1803-1873) erkannte um 1840 die positive Wirkung von Mineraldünger auf das Pflanzenwachstum. Sein Ziel war es, durch höhere Erträge in der Landwirtschaft Hungersnöte zu verhindern. Eine besondere Rolle spielten dabei wasserlösliche Kaliumsalze. Anfangs fand überwiegend Pottasche (Kaliumcarbonat) Verwendung, die durch Auslaugen von Holzaschen gewonnen wurde. Erst als der Staßfurter Chemiker Adolph Frank (1834-1916) ab etwa 1860 aus den Abraumsalzen des Steinsalzbergbaus in Staßfurt reines Kaliumchlorid gewinnen konnte, setzte die Herstellung mineralischer Kunstdünger ein. Bis in die 1870er Jahre waren außerhalb Staßfurts keine anderen Lagerstätten von Kalisalzen bekannt, dann begannen verschiedene Bohrgesellschaften auch mit Erkundungen in anderen Teilen des Landes. Im oberen Allertal zwischen Weferlingen und Eilsleben begann der Kaufmann und Bergbauunternehmer Gerhard Korte (1858-1945) im Jahr 1889 mit der Erkundung einer Kalisalzlagerstätte. Zu diesem Zweck gründete er die Bohrgesellschaft "GOTT MIT UNS". Die ersten Bohrungen fanden nahe Walbeck statt und waren erfolgreich. 1890 wurde daher die Verleihung eines Grubenfeld beim Oberbergamt in Halle beantragt und 1891 gewährt. Aufgrund finanzieller Probleme versuchte die Bohrgesellschaft das Feld an den preußischen Fiskus zu veräußern. Dieser Handel kam aber aufgrund des geringen Gebotes Preußens nicht zustande. Nachdem mehrere Geldgeber sich an der weiteren Prospektion beteiligten und diese ebenfalls erfolgreich war, wurden der Gesellschaft nun Felder mit einer Gesamtgröße von 13 Millionen Quadratmetern verliehen. Für den geplanten Abbau der Lagerstätte gründete die Bohrgesellschaft 1895 eine Gewerkschaft mit dem Namen "GOTT MIT UNS IV" in Beendorf. Da der Gewerkschaft nur 100 Kuxe (Wertpapiere über Anteile) genehmigt wurden, war die Geldbeschaffung äußerst erschwert. Hiermit wollte der preußische Staat die privatwirtschaftliche Kaligewinnung behindern (Die Staßfurter Schächte waren Staatsunternehmen) und die Anzahl der Schachtanlagen minimieren um den Kalipreis zu stabilisieren. Korte und seine Kollegen erwarben daher 1896 die Gewerkschaft BURBACH im Siegerland (Eisenerzabbau), die schon über 1000 Kuxe verfügte. Die Gewerkschaft "GOTT MIT UNS IV" ging daraufhin in Liquidation und wurde von der Gewerkschaft BURBACH übernommen. Auch die Verwaltung dieser Gewerkschaft wurde nun nahe dem geplanten Schacht Marie in Beendorf eingerichtet (Haupteingang siehe Foto rechts). Der Schacht Marie (Benannt nach der Gattin von Korte) wurde zwischen 1897 und 1898 auf 370m abgeteuft und später auf 518m vertieft. Den Abtransport der gewonnenen Salze - diese wurden vorerst in Schönebeck (Elbe) verarbeitet - übernahm ab 1899 die Marienborn-Beendorfer Kleinbahn, die extra zu diesem Zweck erbaut worden war. Ab 1902 erfolgte die Verarbeitung in einem eigenen Werk in Beendorf. Schacht Marie (mit später getauschtem Fördergerüst) in Beendorf Foto: J. Fricke (2008) Ein Laugeneinbruch 1907 und zwei untertägige Gasexplosionen 1908 und 1909 bestärkten das Oberbergamt Halle in der Forderung einen zweiten Schacht als Notausgang anzulegen. Andererseits hoffte der preußische Staat finanzschwache Gewerkschaften mit erheblichen Kosten zu belegen und so zur Aufgabe zu zwingen. (Zweischachtverordnung)
Die Arbeiten mussten jedoch wegen immer wieder auftretender starker Wasserzuflüsse im Gipshut mehrfach unterbrochen werden und wurden am 19.03.1914 ganz eingestellt. Der Schacht hatte bis dahin eine Teufe von 329,8 m erreicht. Der Gipshut reichte von 65m bis 304m Teufe, darunter fand sich das Kalisalz Carnallit. Der Ausbau erfolgte teils in Mauerung, teils mit Tübbingen. Das Verwaltungsgebäude (siehe Foto) wurde lange von den Kaliwerken Ummendorf-Eilsleben genutzt und steht heute leer. 2001 wurde der Schacht endgültig gesichert. Aufgrund der Probleme ließ Korte schon zwischen 1910 und 1912 in Bartensleben einen zweiten Schacht anlegen, der dann auch als "Notausstieg" dienen sollte. 1923 wurde die Förderung von Kalisalzen im oberen Allertal eingestellt. Die bestehenden Anlagen wurden nur noch zur Steinsalzgewinnung genutzt und dienten später den Nationalsozialisten für die Rüstungsproduktion. Hierbei kamen auch Zwangsarbeiter zum Einsatz. Die Häftlinge schliefen in primitiven, ungeheizten Lagerhallen der früheren Munitionsanstalt. Die ehem. DDR nutzte die Schachtanlage Marie von 1958 bis 1984 zur Hühnermast. Ab 1987 wurde Sondermüll eingelagert. Die Schachtanlage Bartensleben diente ab 1971 als Endlager für radioaktive Abfälle, der Schacht Marie als Wetterschacht. Die Anlage befindet sich heute in der Stillegung. Der gescheiterte Schacht Alleringersleben geriet langsam in Vergessenheit. Material aus dem durchteuften Gipshut Fundort: Halde / Sammlung: J. Fricke Halde der Schachtanlage Alleringersleben Foto: J. Fricke (2006) Gebäude auf dem Schachthof Alleringersleben Foto: J. Fricke (2006) Gebäude auf dem Schachthof Alleringersleben Foto: J. Fricke (2006) Schachtverschluss Alleringersleben Foto: J. Fricke (2006) Tafel auf dem Schachtverschluss Foto: J. Fricke (2006) |
Quellen: Endisch: Klein- und Privatbahnen im Ohrekreis, Korntal-Münchingen 2007 Hoffmann: Elf Jahrzehnte Deutscher Kalibergbau, Essen 1972 100 Jahre Schacht Marie - Salzbergbau im Oberen Allertal, Morsleben o.J. Michels, Przibylla: Die Kalirohsalze – Ihre Gewinnung und Verarbeitung, Leipzig 1916 Reuter: Die Schächte des Kalibergbaues in Deutschland, Sondershausen 2009 |
© Joachim Fricke 2021